Cyrano in Buffalo

(2008)

Ken Ludwig

 

Die Kleine Bühne Neckargemünd sorgte am Wochenende mit ihrer Premiere von ’Cyrano in Buffalo’ von Ken Ludwig für zwei rundum vergnügliche Theaterabende. Mit ihrer turbulenten Boulevardkomödie rund ums Theaterleben im Amerika der 50-er Jahre zeigte die Truppe um Regisseur Jürgen Hornung, wie ungemein erfrischend und witzig Amateurtheater sein kann.

Das an Verwechslungen und rasanten Verwicklungen reiche Stück, forderte nicht nur absoluten schauspielerischen Einsatz, sondern auch eine einfallsreiche Inszenierung. Jürgen Hornung hat mit seiner ersten Regie sehr gute Arbeit geleistet und somit ein hohes Niveau der Schauspielerei erzielen können. Die wöchentlichen Proben seit Oktober letzten Jahres haben sich nicht nur gelohnt sondern auch viel Spaß gemacht.

 

Statt Vorhang auf, das Spiel beginnt ging hier die Tür auf und durch das Publikum stapfte die chaotische Schauspielerfamilie Hay, bestehend aus liebenswerten, aber hoffnungslos unverbesserlichen Egoisten, mit Koffern bepackt auf die Bühne, um dort erst einmal die neuen Verhältnisse zu begutachten. Hier beginnt die wahnwitzig anmutende, chaotische, aber rührenden Alltagsgeschichte einer Theaterfamilie. Statt wie früher am Broadway zu spielen, tingelt die Familie nun mit Noel Cowards "Intimitäten" und Rostands Degenstück "Cyrano de Bergerac" durch die amerikanische Provinz. Und nun erlebte das Publikum einen “schicksalsschwangeren“ Tag der Theatertruppe in Buffalo. Das Unheil nimmt seinen dramatischen Lauf, als sich der bekannte Regisseur Frank Capra ankündigt und somit die ganze Familie, nebst Ex und Zukünftigen der Tochter, in einen Wettlauf mit der (Entnüchterungs-) Zeit stürzt.

 

Allen voran sieht man Matthias Layer als George Hay, dem Oberhaupt der Schauspielerfamilie Hay. Matthias Layer spielen zu sehen, ist ein atemberaubendes Vergnügen. Mit einer unglaublichen Bühnenpräsenz rennt dieser tragikomische Held mit einem enormen Tempo von einer Katastrophe in die nächste und leidet dabei mit jeder Faser seines Körpers. Ob als verwegen fechtender Cyrano, eifersüchtiger Ehemann, ertappter Ehebrecher, oder sturzbetrunkener Schauspieler – Matthias Layer wirbelt, taumelt, stürzt und kriecht beinahe pausenlos über die Bühne und hält nicht nur das Publikum auf Trapp. An seiner Seite hat er grandiose Schauspieler, die sein Spiel und das Stück erst so richtig zum Vergnügen machen. Da ist Brinja Sefrin-Hornung als seine Frau Charlotte Hay, die höchst überzeugend und sehr ausdrucksstark das Muster einer eitlen und selbstverliebten Diva gibt und die chaotischen Eskapaden ihres Mannes aushalten muss und letztendlich auch will. Absolut sehenswert ist ihre Gesangs-Interpretation des Doris-Day-Klassikers „Lullaby of Broadway“. Oder aber Valeska Ringhof als beider Tochter Pia, die bei ihrer ersten großen Rolle mit einer schier umwerfenden Frische und Lebendigkeit zu Werke geht. Wie sie die improvisierende, allein gelassene Mimin auf der Hay'schen Bühne gibt, das ist echte Schauspielkunst und man erkennt in ihr die Liebe zum Theater. Um ihre Gunst wetteifern der trottelig-schüchterne Meteorologe Howard (Wolfgang Zach) und der „Mann für alles“ in der arg heruntergekommenen Theaterwelt der Hays, Paul (Dieter Niedermaier). Wolfgang Zach überzeugte mit seinem Spiel wieder einmal die Zuschauer. Er ist einfach genial wandelbar, wer ihn schon öfter gesehen hat, war auch an diesem Abend wieder überzeugt und köstlich amüsiert. Dieter Niedermaier hat erstmals bei der Kleinen Bühne mitgespielt und hoffentlich bleibt er ihr treu, denn auch er hat den Charakter der Rolle gut vermittelt und auch den Körperkontakt nicht gescheut, was für einen Neuen in der Truppe nicht immer leicht ist. Über allem familiären und theatermäßigen Chaos agiert die schwerhörige Grandma Ethel, ein Unikum, das Annette Kulczynski köstlich auf die Bühne bringt und mit ihrem körperlichen Handicap einiges zu den Missverständnissen beiträgt. Das Ensemble vervollständigen Jürgen Hornung nicht nur als staubtrockener Anwalt Richard sondern auch als Regisseur dieses Stückes und die von George ebenso schwangere wie naiv-unschuldige Eileen, die Susanne Rothe verkörperte. Ihr Herz zerreißendes Weinen und die unschuldigen Blicke führen sie am Ende doch zum richtigen Partner.

 

Viele Lacher, langer Applaus und ein nicht gehen wollendes Publikum war ein wunderbares Honorar für die Schauspieler der Kleinen Bühne in Neckargemünd.

Text + Bilder: Kerstin Hahn

 

Mitwirkende: Jürgen Hornung, Annette Kulczynski, Matthias Layer, Dieter Niedermayer, Valeska Ringhof, Susanne Rothe, Brinja Sefin-Hornung, Wolfgang Zach

Regie: Jürgen Hornung