Das Orchester

(2005)

Jean Anouilh

 

Mit großem Enthusiasmus hat sich die "Kleine Bühne" für dieses Stück engagiert und konnte mit dem Ergebnis rundum überzeugen. ' Ein unterhaltsamer Theaterabend wurde geboten, der hinter die Fassade einer oberflächlichen Scheinwelt blickt. Dank exzellenter schauspielerischer Darstellung des achtköpfigen Teams gelingt der Spagat zwischen Komik und Tragik. Hoch anzurechnen ist der Regie und den Akteuren, dass sie sich auch in ihren Sprechpausen ganz in den Dienst des Stückes und des Aufrechterhaltens der Spannung durch Gestik und Mimik stellten. Rudi Reimitz, der der gründlichen und vorbereitenden Regiearbeit von Barbara Kirchner und Peter Kulczynski den Feinschliff gab und immer wieder die Richtung wies, sprach bei der Begrüßung im Kellertheater von einem interessanten Experiment mit einem ungewöhnlichen und nicht ganz einfachen Stück. Für die Inszenierung mischten sich alt bewährte Schauspieler der "Kleinen Bühne" mit neuen Kräften, die bei ihrem ersten Auftritt vor Publikum das hohe Niveau der Aufführung mittrugen.

 

Anouilh nutzte für "Das Orchester" die Nähe von Tragik und Komik. Mit einbezogen in das Spiel war das Publikum, das als Gäste des Konzertcafes eines Kurortes freiwillig-unfreiwillig Beobachter der pointierten Dialogszenen wurde. Das hinterließ mitunter Betroffenheit und auch den Wunsch nach Distanz, die der spielerische Einsatz, der Wechsel der Szenen und die kommentierende Mimik der Akteure ermöglichte.

 

Im Frankreich der50er Jahre spielt "Das Orchester", das aus fünf Damen und einem Herrn besteht. Es jst ein drittklassiges Orchester, das zur Unterhaltung von Kurgästen musiziert - und dessen sind sich alle bewusst. Die Leiterin des Orchesters, Madame Hortense (Barbara Kirchner) ist bemüht den Schein aufrecht zu erhalten und die Tingeltangelmusik in künstlerische Sphären zu erheben. Sie umgarnt verbal sehr direkt den Pianospieler Leon (Peter Kulczynski). Ihre Kontrahentin Susanne (Susanne Rothe) hat ein nicht zufriedensteIlendes Verhältnis mit dem weichen und schwächelnden Leon, dessen Monolog über seine Gefühle zur Frauenwelt Abgrunde offenbart.

 

Während Pamela (Caroline Eberle) ihre nymphomanischen Erlebnisse zum Besten gibt, lauscht Patricia (Ursula Hoffmann) Augen rollend' mit andächtigem Abgestoßensein und Nase rümpfender Moralität wie auch der Rest des Orchesters. Leona (Martina Drefs) ist die typische nach Klatsch süchtige Zuhörerin, die Ermelines (Christine Eichler) Reflexionen über ihre unglückliche Ehe bestätigt. "So tief bin ich gesunken", beurteilt Susanne selbstkritisch die Vergeudung ihrer Talente. Sie zieht ihre Konsequenz aus dem für sie vermurksten Leben und erschießt sich' auf der "Damentoilette. Der Rest des Orchesters ergeht sich darüber in sich selbst bemitleidender Empörung - denn es könnte das Engagement kosten, wie am Ende Mr. Lebonze (Rudi Reimitz) deutlich macht.

Rhein Neckar Zeitung , Heidelberg, vom 18.05.2005

 

Mitwirkende: Martina Drefs, Caroline Ebert, Christine Eichler, Ursula Hoffmann, Barbara Kirchner, Peter Kulczynski, Susanne Rothe

Regie: Barbara Kirchner, Peter Kulczynski, Rudi Reimitz