Ronja Räubertochter

(2015/16)

Astrid Lindgren

 

Wenn zwei verfeindete Räubersippen in zwei Hälften einer einzigen Burg leben müssen, dann mag das allein schon ausreichend Konfliktpotenzial bieten. Wenn sich dann aber die Tochter des einen und der Sohn des anderen Familienoberhaupts heimlich zu Bruder und Schwester erklären, dann besteht akute Gefahr, dass Dinge aus dem Ruder laufen. Aber auch wenn genau das geschieht, sei doch so viel verraten, dass Astrid Lindgren ihre Helden einem weit weniger tragischen Ende zuführt als William Shakespeare es einst bei Romeo und Julia tat.

 

Rudi Reimitz und seine Truppe der Kleinen Bühne Neckargemünd ließen ihr Publikum bei der Premiere von "Ronja Räubertochter" in einer einfühlsam und berührend inszenierten Darbietung an der Zerrissenheit teilhaben, die Ronja im Laufe dieser Geschichte durchleben muss. Ronja Niedermayer und Frank Geider harmonieren dabei perfekt als Ronja und Birk, wenn sie sich einander glaubhaft zaghaft annähern, um sukzessive immer deutlicher zu spüren und einander auf ihre Weise spüren zu lassen, wie sehr sie nicht nur durch die äußeren Umstände miteinander verbunden sind. Jürgen Hornung präsentiert uns Ronjas Vater Mattis als einen Räuberhauptmann mit harter Schale, gelegentlich etwas einfachem Gemüt, aber im Grunde weichem Herzen. Einen würdigen Widerpart findet er in Dieter Niedermayer alias Borka, dessen Handeln weniger konfrontativ ausgerichtet ist, der in der Sache aber letztlich auch mal hart dagegenhalten kann. Was aber über die Leistungen der einzelnen Darsteller hinaus begeisterte, war das gelungene Zusammenspiel, mit dem das gesamte Ensemble sein Publikum in ein Wechselbad der Gefühle zu stürzen vermochte. Liebevoll in Szene gesetzt wurden dabei auch die diversen Phantasiegestalten des Waldes, unter denen sich „Graugnom“ Anna Hill als mit Abstand jüngste Darstellerin gegenüber ihren erwachsenen Kollegen keck zu behaupten wusste.

 

Unbedingt erwähnenswert auch das von Albrecht Ritzi mit einfachsten Mitteln dargestellte Bühnenbild. Mit nur wenigen, einfachen, aber geschickt eingesetzten Bühnenelementen gelang es, die Zuschauer an die verschiedenen Orte des Geschehens zu führen. Ob nun Tanzgelage in der großen Halle einer Räuberburg, die Weitläufigkeit schwedischer Wälder, oder gar der Showdown zweier verfeindete Räubersippen, die einander an den gegenüberliegenden Seiten eines Abgrunds gegenüber stehen, den ein Blitzschlag in ihrer Räuberburg hinterlassen hat - all das fand auf den nicht einmal 20 m² des Kellertheaters im Gemeindezentrum Arche seinen (Schau-)Platz. Das macht neugierig, an welche Herausforderungen sich die Kleine Bühne als nächstes heranwagen wird!

 

Regie: Rudi Reimitz

Regieassistenz: Martina Drefs